Adresse | Goethestraße 55 |
Ort | Nauen |
Verlegedatum | 11.05.2006 |
Geboren | 21.03.1875 |
Gestorben | 18.08.1942 |

Hermann Schiff (Sziff) wurde am 21. März 1875 als erstes Kind des Schumachers Maier Schiff und seiner Frau Johanna, geb. Strauß im hessischen Groß-Karben geboren. Dort wuchs er auf und besuchte vermutlich eine private Schule, wie alle jüdischen Schülerinnen und Schüler des Ortes. In den 1890er Jahren zog die Familie nach Frankfurt am Main, wobei Hermann spätestens Anfang der 1900er Jahre in einer eigenen Wohnung im niedersächsichen Bodenfelde lebte.
Am 29. September 1904 heiratete er in der hessischen Kleinstadt Gedern Clara Loewenstein. Nach der Eheschließung zog das Paar nach Nauen in Brandenburg, wo Hermann eine Stelle als Lehrer und Kantor der Jüdischen Gemeinde annahm. Die Wohnung der Eheleute lag 1908 in der Potsdamer Straße 11 (heutige Goethestraße) im obersten Stock des Synagogengebäudes, das die dortige Gemeinde im Jahr 1800 eingeweiht hatte.
Spätestens seit den 1920er-Jahren führten Hermann und Clara Schiff das „Musik- und Piano-Haus C. Schiff“ in der Potsdamer Straße 55, in dem auch Radios verkauft wurden. Oberhalb der Geschäftsräume befand sich später auch die Wohnung der Eheleute Schiff, in der der Kantor den Nauener Schülern Unterricht an verschiedenen Instrumenten, vorwiegend am Klavier gab. Auch nach dem Tod seine Frau im Jahre 1933 betrieb er das Geschäft und seine Tätigkeit als Kantor der jüdischen Gemeinde weiter.
Im Zuge der Novemberpogrome des Jahres 1938 wurde nicht nur die Inneneinrichtung der Synagoge in der Potsdamer Strasse 11 demoliert, sondern auch die Wohnung des Hermann Schiff „durch die allgemeine Empörung in Mitleidenschaft gezogen“, wie es euphemistisch in der „Havelländischen Rundschau“ hieß. Der aufgeputschte Mob tobte sich hier auf besonders üble Weise aus. Das Klavier wurde aus dem Fenster geworfen, ebenso die aufgeschlitzten Betten. Den Kantor hielt man – mit dem Kopf nach unten – aus dem Fenster. Selbst dieses menschenverachtende Gebaren rief bei den Umherstehenden keine Gegenreaktionen hervor.
Nach diesen schrecklichen Vorkommnissen hat Hermann Schiff Nauen verlassen, um in der Anonymität der Großstadt unterzutauchen. In den 1940er Jahren war er in der Marienstraße 27 in Berlin-Mitte gemeldet. Aber auch hier wurde das Leben zu einem reinen Existenzkampf und die Repressalien gegen die jüdische Bevölkerung wurden immer schlimmer.
Im Sommer 1942 erhielt der 77jährige den Deportationsbescheid, der ursprünglich den „44. Alterstransport“ am 14.8.1942 in das Ghetto Theresienstadt auswies. Dieser fand aber nicht statt, da der „18. Osttransport“ am 15.08.1942 nach Riga „aufgefüllt“ werden musste. Nach der Ankunft am 18. August 1942 wurde Hermann Schiff – wie alle 1004 mit diesem Transport deportierten Menschen – in den Wäldern bei Rumbula oder Bikernieki erschossen.
Quellen:
- Ursula Arzbächer: Aus der Geschichte der Stadt Nauen. Die ehemalige Jüdische Gemeinde. Nauen 2001, S. 30f.
- www.stolpersteine-berlin.de/de/marienstrasse/27/hermann-sziff
Recherche: Uwe Ulrich, Berlin

